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Bei Müdigkeit Augen zu und durch? Besser nicht…

WAS TUN, WENN DIE MÜDIGKEIT ZUSCHLÄGT? DA GIBT ES KEINE HILFE, LAUTET WOHL DIE EINZIG WAHRE ANTWORT. WER LANGSTRECKEN FÄHRT, SOLLTE AUF EINE VERFÜGBARE REAKTIONSSTRATEGIE ZURÜCKGREIFEN KÖNNEN.


Ob Kaffee, Zucker oder die flügelverleihenden Wunderwaffen der Getränkeindustrie – wenn die Augenlider immer wieder aufs Neue zufallen, ist es eigentlich schon zu spät für jede Reaktion. Gerade wer oft Fahrgäste auf Langstrecken befördert, sollte sich daher vorher mit diesem Thema auseinandersetzen und auf eine verfügbare Reaktionsstrategie zurückgreifen können, bevor es soweit kommt.

Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen sie lieber nicht ihren Arzt oder Apotheker, denn deren Antwort will niemand hören. Müdigkeit ist die am meisten unterschätzte Unfallursache und sorgt jährlich für mehr Verkehrstote als Alkohol im Straßenverkehr. Trotzdem setzen sich gerade in der gewerbliche Fahrgastbeförderung viele Menschen immer wieder aufs Neue dieser Gefahr aus und vertrauen dabei auf ihre persönlichen Strategien zu Verhinderung der Katastrophe. Aber wirken diese auch?

Besonders gefährdet ist man natürlich bei frühmorgendlichen Fahrten zum etwas entfernter gelegenen Großflughafen der Region. Fenster auf, Musik laut drehen, Kaugummi kauen, in den Arm kneifen, das nützt alles nicht viel. Erschwerend kommt hinzu, dass ein Fahrzeug voller schlafender Fahrgäste auch auf die Fahrzeuglenker lähmend wirken kann. In jedem Fall lässt gerade diese Situation viele der genannten Sofortmaßnahmen nicht zu. Da die Fahrgäste oftmals selbst aber ihr Komfortbedürfnis aktiv ausreizen und sich möglichst knapp zum Flughafen abholen lassen möchten, um selber etwas länger schlafen zu können, ist ihre Toleranz gegenüber einer Erholungspause für die Fahrenden begrenzt, denn nun haben sie es eilig und wollen keinesfalls zu spät ankommen.

Liest man die Tipps von Berufsgenossenschaft, ADAC oder medizinischen Fachleuten, klingt alles ganz einfach. Dazu gibt es meist schöne Bilder von Menschen die, Trimm-Dich-Übungen neben ihrem Fahrzeug machen. Aber, Hand aufs Herz, wer hat denn schon mal morgens um vier eine Taxe an der Autobahnraststätte gesehen, neben der der Chauffeur gewissenhaft seine Fitness-Übungen macht, während die Fahrgäste auf dem Weg zum Flughafen entspannt abwarten, bis es weitergeht? Die Realität sieht anders aus.

Credit: Taxi Times

Was also hilft gegen die Müdigkeit bei Fahrten, bei denen man berufsbedingt keine Pausen einlegen kann?

In erster Linie bietet sich tatsächlich dunkle Schokolade als Wachmacher an. Es reicht bereits ein kleiner Riegel aus, um von ein wenig mehr Energie profitieren zu können. Ab einem sehr hohen Kakaogehalt von mindestens sechzig Prozent enthält dunkle Schokolade nämlich den Wirkstoff Theobromin, der ähnliche Wachmacher-Eigenschaften wie Koffein aufweist, und das ohne anschließenden Leistungsabfall wie beim Bohnengetränk. Zusätzlich profitiert man nicht nur davon, dass dunkle Schokolade mehr Energie spendet, sie macht nachweislich auch glücklich. Allerdings müssen solche Sweeties natürlich in Griffweite verfügbar sein, denn am Steuer sind einem die Hände ja im wahrsten Sinne des Wortes gebunden. Im Kofferraum bringen sie also wenig.

Physiologisch wirksame Alternativen sind Koffein oder Zucker, deren Zauberkraft beide aber durchaus ihre Tücken aufweisen. Der Kaffee als Klassiker hilft gerade bei regelmäßigem Genuss nur begrenzt und in der Regel auch erst um eine halbe Stunde verzögert. Etwas schneller wirken Energydrinks. Einer der Hauptbestandteile ist hier ebenfalls Koffein, andere Inhaltsstoffe sind beispielsweise Taurin, Inosit und Glucoronolacton. Daneben sind aber auch große Mengen an Zucker und Süßstoffen in den Getränken enthalten. Daher machen Energydrinks tatsächlich für eine gewisse Weile wach, doch bald darauf schnellt die Leistungskurve wieder umso extremer nach unten.

Wirklich Hilfe bringt allerdings nur vorausschauendes Handeln. Ausgeruht starten ist die wohl wichtigste Zauberformel. Eine Viertelstunde Powernapping direkt bevor man für eine Langstreckenfahrt beim Kunden vorfährt miniert das Risiko während der Fahrt zu ermüden ganz erheblich (Wecker stellen nicht vergessen). Vorher ein leckerer Kaffee, möglichst ohne Zucker, ist dabei durchaus o.k., denn das Koffein wirkt ja erst nach einer halben Stunde. Sind nun noch ein paar dunkle Schokoriegel und eine Flasche Wasser für den Flüssigkeitsbedarf im Türfach links hinterlegt, alternativ vielleicht auch ein Energydrink, wenn man mit dessen Wirkung wirklich vertraut ist, dann kann die Fahrt auch morgens um zwei beruhigt starten. Und jetzt kann auch der Müdigkeitsassistent im Auto seine Wirkung entfalten, denn er bemerkt die ersten Müdigkeitsanzeichen oft früher als man selbst und ermöglicht Reaktionszeit. Und, Achtung, für die anschließende Rückfahrt gelten diese Strategien natürlich umso mehr!

All dies gilt allerdings nur, wenn dabei weder der persönliche Biorhythmus noch die Party von gestern Nacht die individuelle Leistungsfähigkeit einschränken. Hier müssen also Zentrale und Fahrer die richtigen Kollegen aussuchen und gerade die Fernfahrten früh vermitteln, damit noch Zeit für einen Powernap ist. Und sie müssen auch mal ein „Nein, heute nicht“ akzeptieren, denn bedenke: Wer früher stirbt, ist länger tot – und das möchte niemand ausprobieren, auch nicht die eilige Kundschaft.
Rw/Taxi Times

Foto: Axel Rühle

23.05.2024